1721–1800: Fischerei, Gefängnis und Verfall

Nach dem Großen Nordischen Krieg herrschte 80 Jahre lang Frieden in Dänemark. In dieser Zeit verfiel die Festung zusehends, Christiansø wurde zum Verbannungsort für Strafgefangene, und die Soldaten der Garnison schlugen sich mit Fischerei durch.

Nach dem Ende des Großen Nordischen Kriegs erlebte Dänemark die längste Friedenszeit in der Geschichte des Landes. Denn für den Rest des 18. Jahrhunderts herrschte im Großen und Ganzen Frieden im Königreich. Da es in der so genannten „langen Friedensperiode“ nur wenig Verwendung für eine militärischen Festung gab, war Christiansø phasenweise sich selbst überlassen. Im Verlauf der Jahrzehnte wurde aus der einst stolzen Seefestung eine Art Einöde. Der Hafen von Christiansø war zwar gut, aber nicht groß genug für die Linienschiffe (die Schlachtschiffe der Segler-Ära), die damals das Rückgrat der dänischen Seestreitmacht ausmachten. Zudem war Christiansø dafür gebaut worden, um die Macht der Schweden in der Ostsee einzudämmen. Im Lauf des 18. Jahrhunderts veränderte sich jedoch das Verhältnis der beiden nordischen Rivalen grundlegend: von ständigen Konflikten hin zum Wunsch nach einer friedlichen Koexistenz. Vor diesem Hintergrund schwand die militärische Bedeutung der Festung Christiansø.

Nach dem Großen Nordischen Krieg herrschte fast 80 Jahre lang Frieden in Dänemark. In dieser Zeit verfiel die Festung zusehends, Christiansø wurde zum Verbannungsort für Strafgefangene, und die Soldaten der Garnison schlugen sich mit Fischerei durch.

Andererseits entwickelte sich auf den Inseln erstmals so etwas wie eine Gemeinde. Zu Beginn dieser Zeit wurden Soldaten aus allen Ecken des Königreichs nach Christiansø geschickt, um für einige Jahre in der Seefestung zu dienen und dann von neuen Soldaten abgelöst zu werden. Doch Mitte des 18. Jahrhunderts begannen die Soldaten, sich auf Christiansø fest niederzulassen; sie gründeten Familien und bekamen Kinder. Ihre Söhne wuchsen auf und wurden Militärangehörige wie ihre Väter, und so verebbte nach und nach der Zustrom neuer Soldaten aus dem Reich. Der geringe Sold und die spärliche Verpflegung der Soldaten indes konnten die vielen Familien kaum ernähren. Deshalb nutzten viele Soldaten einen Großteil ihrer Freizeit, um dem Fischfang nachzugehen. Mit der Zeit wurde die Fischerei zum Haupterwerb, noch vor dem Soldatenberuf. Die Festungssoldaten waren plötzlich mehr Fischer als Soldaten: Die Männer fuhren hinaus aufs Meer, um zu fischen, und nahmen ihre Söhne ab dem 10. Lebensjahr mit. Die Frauen und Töchter knüpften die Netze und verarbeiteten den Fisch in Salzfässern. Bis vor wenigen Jahrzehnten noch war der Haupterwerb der meisten Bewohner von Christiansø der Fischfang.

Im 18. Jahrhundert diente die Festung auch als Verbannungsort für unliebsame Elemente. Ein windiges, felsiges Gefängnis, in das Strafgefangene, Kriminelle, Geisteskranke, Psychopathen und politische Dissidenten gleichermaßen geschickt wurden – entweder „in Ketten“ zur Zwangsarbeit im Granitsteinbruch der Insel oder einfach fort aus den Augen der Welt. Diese Funktion erfüllte Christiansø bis zur Aufgabe der Festung.


Fischfang

In der Festungszeit erhielten die Angehörigen der Festungsbesatzung ihre Essensrationen vom Verwalter im Magazin oben beim großen Turm. Problematisch dabei war, dass die Größe der Rationen nach einem alten Bemessungssystem festgelegt wurde, das für einen einzelnen Mann an Bord eines Kriegsschiffs galt. Dieses System berücksichtigte also nicht, dass die Soldaten auf Christiansø auch ihre Frauen und ihre vielen Kinder zu verköstigen hatten. Daher reichten die Rationen nicht aus. Das war der Grund dafür, dass die Soldaten ihre Freizeit auf den Fischfang verwendeten. Die vielen Steinhütten auf den Inseln wurden von den Soldaten zum Aufbewahren und Verarbeiten der gefangenen Fische gebaut. Sie liegen recht weit von den Kasernengebäuden weg, denn die Fischabfälle entwickelten einen ordentlichen Gestank. Die ganzen Soldatenfamilien waren an der Fischerei beteiligt. Die Ehefrauen und Töchter knüpften Heringsnetze und legten den Fisch in Salzfässer ein, während die Söhne ab dem 10. Lebensjahr mit aufs Meer hinausfuhren, um ihren Vätern beim Fischfang zu helfen.


Die Garnison im 18. Jahrhundert

In der einzigen festen Straße auf Christiansø lebten die Marine- und die Artilleriesoldaten mit ihren Familien. Die Offiziere und Unteroffiziere wohnten in den Giebelhäusern an den Enden der Häuserreihen.

In jedem Aufgang gab es eine Küche, die sich vier Familien teilten. Ihnen wurde eine Jahresration Brennholz für die Essenszubereitung zugeteilt. Die Soldaten von Christiansø waren sehr arm und verdienten nur etwa ein Drittel des Solds, den ein Soldat in Kopenhagen erhielt. Andererseits war der Dienst hier nicht so hart wie an den meisten anderen Orten im Königreich. Wie auf Seeschiffen mussten die Marinesoldaten täglich zwei Wachen zu je vier Stunden übernehmen. Zudem hatten sie das Privileg, dass sie zum Fischfang aufs Meer fahren durften, wenn sie frei hatten. Wegen des geringen Solds der Soldaten war die Fischerei ganz entscheidend für das Auskommen der Familien und nahm wahrscheinlich mehr Platz im Soldatenalltag ein als der Dienst in der Garnison. Das Leben der militärischen Besatzung von Christiansø war also arm, aber doch relativ frei.

Die heutigen Bewohner von Christiansø wohnen immer noch in den alten Kasernen. Die Wohnungen sind heute aber größer, und auch das Einkommen ist besser. Einige betreiben auch heute noch Fischfang – doch hauptsächlich als Freizeitbeschäftigung.